Schnaps Lexikon
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Obstschnaps
3 Hauptgruppen: Schnaps aus Kern-, Stein und Beerenobst
Allgemeines
Die Heimat der Schnäpse und Edelbranntweine aus Obst (Kernobst, Steinobst, Beerenobst) ist Deutschland (Obstanbaugebiete), die Schweiz und Österreich. Aus diesem Land - speziell aus Tirol sowie aus bayerischen Gemarkungen (Salzburger Land, Chiemgau, Pfaffemvinkel, Bayerischer Wald) kommen vor allem auch Wurzel-Schnäpse (Enzian, Meisterwurz, Blutwurz, Bärwurz), aus Baden-Württemberg und Franken der Topinamburschnaps, aus dem Norden Deutschlands und dem österreichischen Innviertel schließlich die Korn-Schnäpse. Weinbrände, aus Wein gebrannt, werden natürlich vorwiegend in Weinbaugebieten produziert. Er gibt klare und im Holzfass gelagerte Weinbrände und gerade bei Obstschnäpsen und -bränden ist die Auswahl des Obstes entscheidend!
Trotz großer Sortenvielfalt (Tafel-, Most-, Kultur-, Plantagen-, Streuobst), z. B. soll es ja bei Äpfeln einige tausend Sorten geben, sind kaum 100 Sorten "brennfähig" bzw. "brennwürdig". Ähnlich sieht es bezüglich der "Brennfähigkeit" bei den Birnen aus. Von vielen "Williams Christ"-Sorten sind es nur wenige Williams-Birnen, die für einen Schnaps brennfähig sind.
Jede "Hauptsorte" hat individuelle "Einzelsorten", die ein spezielles Bukett besitzen, wieder erkennbar im Schnaps sind und eben dieses Bukett in das Destillat bringen können.
Schnaps aus Kernobst
Beim Kernobst ist es vor allem den Apfelschnaps, die ganz besonders fruchttypische Ester und Aldehyde und somit ein Aroma nach grünen Äpfeln und einen grasigen Eindruck vermittelt. Mostbrände riechen und schmecken ganz anders als Schnäpse aus frischen Äpfeln. Obsttrester (Apfeltrester) dienen nicht nur als Wildäsung oder, getrocknet, mit Mineralstoffen vermischt, als gut angenommene Winterfütterung, sondern auch als Rohstoff für den sogenannten Tresterschnaps. Diese sind meist sehr rau, breit und unharmonisch.
Die Birnen haben zum Teil ein sehr ausgeprägtes Aromaprofil, und es gibt neben der klassischen Williams-Birne auch eine Reihe von örtlichen Spezialitäten.
Das jeweilige Birnenaroma soll sich auch im Birnenschnaps wiederfinden.
Quitten sind schwierig zu beschaffen. Wer keine eigenen Früchte hat, muss meist ausländische Ware einkaufen. Die spezifischen Quitten-Ester sind spezielle Lactone, die, wenn alles passt, gut in das Destillat kommen und einen Quittenschnaps sofort erkennen lassen.
Auch hier gibt es viele Schnäpse, die eine Quitte als Rohstoff kaum erahnen lassen.
Mispeln und Hagebutten besitzen einen eigenartigen spezifischen Geschmack, der auch gut in das Destillat zu bringen ist.
Schnaps aus Steinobst
Beim Steinobst sind es speziell die Kirschen (Süßkirschen und Sauerkirschen), die ein fruchttypisches Aroma in das Kirschwasser bringen. Man muss bei Steinobst streng nach alter und neuer Herstellungsmethode unterscheiden. Bei der alten Methode werden die Steine in der Maische belassen und beim Einmaischen in unterschiedlicher Menge zerstört. Die neue Methode verarbeitet entsteinte Maischen. Die alte Methode liefert daher mehr oder weniger starken "Kernton", bzw. "Bittermandelton", der "neuen Bränden" oft total fehlt. Der Steinton darf den Fruchtton nicht überdecken. Alte und neue Brände müssen sensorisch völlig getrennt und anders bewertet werden. Dies gilt für alle Schnäpse aus Steinobst!
Ein zartes und empfindliches Aroma besitzen Pfirsiche und Aprikosen. Gelingt es, die richtige Sorte zu bekommen muss sehr korrekt und vorsichtig gearbeitet werden, um die Ester auch in den Aprikosenschnaps zu bekommen.
Eher robust sind Zwetschgen, Mirabellen und Ringlotten. Auch hier muss auf den Steinton geachtet werden.
Die Wildsorten, wie Kornelkirsche, Vogelkirsche und Traubenkirsche, haben ein spezifisches Aroma, bringen aber wenig Ausbeute. Dieser Schnaps wird daher nur von Liebhabern gebrannt. Dies gilt auch für den Schlehenschnaps, die schwierig zu ernten ist, oft zu früh geerntet wird, aber ein feines Bukett liefert.
Schnaps aus Beerenobst
Beim Beerenobst ist es vor allem die Himbeere, die als moderner "Brand" oder als "Himbeergeist" ein wunderbares Aroma in das Destillat zaubern kann.
Brombeere, Heidelbeere und Preiselbeere bringen eher schwach aromatische Destillate. Äußerst empfindlich ist die Erdbeere (Walderdbeere und Kulturerdbeere, genannt Ananas). Dieses Aroma ist so zart und "zerbrechlich", dass man nur sehr selten typische fruchtige Erdbeerbrände bekommt.
Das Aroma der Schwarzen Johannisbeere ist kräftig und unverkennbar spezifisch. Es ist gut in das Destillat zu bringen. Die Verarbeitung von Weißen und Roten Johannisbeeren lohnt kaum, da die Destillate eher nichtssagend sind. Ähnliches ist über den Holunder zu sagen. Der Rote Holunder ist kaum der Mühe wert, ihn zu ernten und zu verarbeiten, wogegen der Schwarze Holunder markanten und sehr typischen Holunderschnaps liefert.
Auch die Vogelbeere (Eberesche) liefert - wenn man die richtige Sorte bekommt, einen typischen spezifischen Vogelbeerschnaps, der überall seine Liebhaber hat. Eine Abart der Vogelbeere ist die Elsbeere. Sie ist selten, mühsam zu ernten und daher sehr teuer. Das Destillat ähnelt dem Vogelbeerbrand.
Die Wacholderbeere liefert ein typisch kräftiges Destillat und wird reinsortig kaum abgefüllt, da das Aroma zu kräftig ist.
Die Weintrauben-Beeren werden oft zu Traubenschnaps verarbeitet. Lohnenswert sind sogenannte Aromatrauben, wie z.B. Muskateller, Muskat-Ottonell, Traminer oder Chardonnay. Hier gelingt es vorzüglich, das Traubenaroma auch voll in das Destillat zu übertragen. Bei anderen Weiß- oder Rotweintrauben ist es schade um die Arbeit, da meist eher neutraler Schnaps resultiert. Die Traubenschnäpse sollen klar und farblos sein, d.h. sie gehören nicht in das Holzfass.
Bierbrand
Heute lassen viele Brauereien aus diversen Bieren zur Erweiterung ihrer Produktpalette Bierbrände erzeugen. Bierbrand hat einen ganz eigenen, spezifischen Geschmack, den man einerseits kennen, und andererseits lieben und schätzen muss. Bierbrand wird aus einem alkoholhaltigern Rohstoff gewonnen und kann im Roh-/ Feinbrand-Verfahren oder im Kolonnenverfahren erzeugt werden.
Eine richtige Vorlauf- und Nachlaufabtrennung ist beim Bierbrand entscheidend! Obstbrenner haben oft Probleme mit der richtigen Arbeitsweise, da sie das Endprodukt nicht oder zuwenig kennen.
Knollenschnaps
Beim Knollenschnaps ist es vor allem der Kartoffelbrand (aus Speise- oder Stärkekartoffeln), welcher früher ausschließlich als Wodka-Rohstoff diente. Heute wird Wodka hauptsächlich aus Getreidesprit erzeugt. Wodka soll möglichst rein schmecken und frei von Aromastoffen sein.
Ein echtes Gegenstück ist der Topinamburschnaps, der ein eigenartiges, kräftiges, spezifisches und leicht erdiges Bukett aufweist. Auch dieser Schnaps hat seine Liebhaber. Im süddeutschen Raum wird er oft auch als badischer Rossler bezeichnet und oft in Kombination mit Blutwurz angeboten: Topinambur mit Blutwurz.
Wurzelschnaps
Bei Wurzelschnäpsen ist der Brand aus der Enzianwurzel (Gentiana lutea) der wohl bekannteste. Ganz spezifisch ist sein erdiger Geschmack. Auch dieses Destillat wird reinsortig kaum abgefüllt, da es zu kräftig ist.
Meisterwurz (Peucedanum ostrutbium), Blutwurz (Potentilla erecta) und Bärwurz (Meum atbamanticurn haben ebenfalls ein ganz spezifisches Bukett, das in allen Ländern seine Schnaps-Kenner und Liebhaber hat.
Weinbrände
Die Weinbrände werden überall da hergestellt, wo Weinbau betrieben wird. In Europa sind es ganz bestimmte Weißweinsorten, welche für die Erzeugung von Weinbränden verwendet werden (Weißburgunder, Riesling, Grüner Veltliner, eventuell Chardonnay), also trockene, säurereiche Weißweine. Weinbrände werden fassgelagert und dürfen mit Zuckerkulör gefärbt werden. Auch hier sollte der Holzton das Aroma des Weindestillates nicht völlig verdecken. Ist dies der Fall, kann man jeden Wein zum Brennen verwenden, da das Produkt ohnehin nur nach Holz schmeckt.
Die Franzosen waren clever und ließen sich ihre Weinbrände bzw. deren Namen nach dem Ersten Weltkrieg (1919) schützen. So darf sich ein Weinbrand nur Cognac, Armagnac oder Calvados nennen, wenn er ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt.
Vor dieser gesetzlichen Regelung nannten viele Länder ihren Weinbrand Cognac oder Kognac. Für Deutschland, Ungarn und Österreich waren die Versailler Verträge Grundlage für eine Namensänderung. Seit dieser Zeit heißen die Erzeugnisse in Deutschland und Österreich offiziell "Weinbrand". Italien verzichtete erst 1948 auf "Cognac" und nannte die Weinbrände dann "Brandy". Spanien hat noch mehrere Bezeichnungen, z. B. Brandy oder Jerignac. Es war also ein langer Weg, bis aus dem ursprünglichen "Franzbranntwein" im 17. Jahrhundert das heutige Produkt "Cognac" wurde. Gebrannter Wein heißt in Frankreich ganz allgemein "Eau de vie de vin". Kommt er dagegen aus den sieben fest umrissenen Gebieten mit der Stadt Cognac als Mittelpunkt, wird er aus 10 genau definierten weißen Traubensorten und nach genau festgelegten Brennverfahren (Alambic = Brennblase, direkte Beheizung, unfiltrierte Weine etc.) produziert, so darf er Cognac genannt werden.
Für Cognac ist ein eigentümlicher "seifiger" Ton spezifisch. Er stammt von den Weinhefe-Rückständen (Hefeeiweiß, Autolyse), welche sich während der Destillation an der Blaseninnenwand festsetzen und teilweise anbrennen. Der Bruder des Cognacs ist der seit dem 15. Jh. bekannte Armagnac, welcher aus der Gascogne stammt, in drei definierten Gebieten und aus den gleichen Rebsorten wie der Cognac hergestellt wird. Armagnac wird auf Kolonne destilliert, der Brennwein wird teilweise filtriert, die Traubensorten werden reinsortig verarbeitet (nicht als Gemisch). Die Lagerung erfolgt in stets neuen Fässern aus dem Holz der schwarzen Gascogner Steineiche, im Gegensatz zum Holz der Limousin-Eiche bei der Cognac-Lagerung.
Einer der Hauptunterschiede zum Cognac ist die Verwendung von sogenannten Typagen. Diese können Backpflaumen, Veilchenwurzeln, Haselnüsse, Zuckerkulör oder Zucker sein. Daher stammen auch drei bekannte Armagnac-Typen mit Pflaumenaroma, Veilchen-/ Iriswurzelaroma und Haselnussaroma. Armagnac ist wuchtiger und kräftiger als Cognac und wird in besondere Flaschen, sogenannte Bocksbeutel, abgefüllt.
Der dritte Weinbrand ist der aus der Normandie und Bretagne stammende Calvados. Dies ist zwar ein Weinbrand, aber nicht aus Trauben-, sondern aus Apfelwein (Cidre). Er wird in drei gesetzlich geregelten Gebieten aus 48 Apfelsorten hergestellt. Er wird auf Kupferblasen mit direkter Beheizung hergestellt. Alle Produktionsschritte vom Rohstoff bis zum fertigen Destillat inkl. Lagerung des Calvados sind gesetzlich geregelt.
Die Bezeichnungen in Abhängigkeit von der Lagerdauer werden ebenfalls gesetzlich geregelt und kontrolliert, genau wie bei Cognac und Armagnac. Bei uns werden oft Produkte mit einer Krone und dem Wort Napoleon am Etikett angeboten. Es handelt sich hier um irgendwelche Weinbrände aus Frankreich, Cognac ist es nicht, da man die Bezeichnung "Cognac" vergebens suchen wird.
Grappa
Ein Produkt soll hier noch genannt werden, der Grappa. Er ist eigentlich ein Tresterschnaps aus Traubentrestern. Grappa ist in südlichen Ländern ein allgemeiner Begriff für Schnaps. Früher war er ein Produkt nur aus Trestern, also scharf, breit, adstringierend. Heute ist Grappa ein Modegetränk geworden und wird ganz anders hergestellt.
Die Basis für die heutigen Grappas sind Trester, reinsortiger Wein derselben Sorte und süsser Traubensaft derselben Sorte. Dieser Schnaps ist daher runder und milder als früher. Die verwendeten Traubensorten sind nicht immer erkennbar.
Quelle: Handbuch der Edelbranntweine, Schnäpse, Liköre, Leopold Stocker Verlag, Graz, 2006. Peter Jäger, ISBN: 978-3-7020-1131-4